2015/07/20

Müssen die Griechen den Deutschen dankbar sein?

Auf Zettels Raum findet sich eine lesenswerte Betrachtung über Dankbarkeit, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Deutschland und Griechenland nach dem jüngst in letzter Minute abgewendeten Staatsbankrott des Balkanstaates. Der Autor jenes Postings meint, die Griechen hätten durchaus Grund, dem größten Nettozahler gegenüber dankbar zu sein dafür, dass wieder einmal das Portmonnaie aufgemacht und ein noch schlimmeres Szenario vermieden wird.

Doch die Griechen zeigen sich alles andere als dankbar. Warum ist das so?

Ich meine, die Sache lässt sich folgendermaßen erklären. Nehmen wir mal an, ein verheerendes Erdbeen hätte Griechenland heimgesucht. Hunderte, ja Tausende Todesopfer wäre zu beklagen. Deutschland hätte umfangreiche Rettungskräfte entsandt, um seinem europäischen Nachbarn in der Stunde größter Not beizustehen. Es versteht sich von selbst, dass die vom Schicksal geschundenen Griechen dankbar wären.

Jedoch in der aktuellen Situation stehen die Dinge anders. Ganz anders. Deutschland wird nicht als Retter in höchster Not wahrgenommen, auch wenn man das durchaus so sehen kann (und sollte). Im Gegenteil, viele (allzu viele?) Griechen sehen die Deutschen als Zuchtmeister, die nichts anders im Sinn haben, als die "Südländer" zu bevormunden und drangsalieren. Der wahre Grund für die selbstverschuldete griechische Misere wird hingegen allzu oft ausgeblendet, auch als politischem Kalkül. In dieser Sichtweise ist kein Platz für Dankbarkeit.

Und so wird man wohl vergeblich auf ein Zeichen der Dankbarkeit warten.